Das Klima verändert sich rasant und damit auch die Herausforderungen für das Bauen. Wir müssen nicht nur das Klima schützen, sondern uns auch an die neuen Gegebenheiten anpassen. Doch worauf müssen wir uns einstellen?
Eine Klimadatenanalyse des Umweltbundesamtes und des Forschungszentrums EURAC betrachtet ausgewählte Städte unterschiedlicher Klimaregionen, um zu verdeutlichen, was sich in recht kurzer Zeit bereits verändert hat. Nach Auswertung der Wetterdaten aus den Jahren 1986 bis 2015 haben die Forschenden Orte ausfindig gemacht, die früher, also im Durchschnitt der Jahre 1960 bis 1991, ähnliche Werte vorzuweisen hatten und nennt sie «klimatische Zwillingsstädte». Berücksichtigt wurden Temperaturen, Niederschläge und auch Landschaft, denn Küstenklima verändert sich anders als Gebirgsklima. So entspricht das Klima im heutigen Hamburg dem damaligen von Köln, der «Zwilling» für Stuttgart heißt Leiselsheim und findet sich im Oberrheingraben unweit des Kaiserstuhls.
In einem Zukunftsszenario ohne globale Klimaschutzmaßnahmen (RCP 8.5) liegen die «Zwillingsstädte» noch deutlich weiter im Süden. Demnach wird bereits im nächsten Jahrzehnt in Stuttgart ein Klima erwartet, wie es früher in Lyon herrschte. Ein paar Jahrzehnte später ist mit einem Klima wie in Toulouse zu rechnen. Weitere «Klimazwillinge» deutscher Städte lassen sich hier über ein Online-Tool entdecken.
Die «Zwillingsstädte» stellen nur eine Annäherung an das zu erwartende Klima dar. Die tatsächlichen Verhältnisse hängen von einem komplexen Zusammenspiel lokaler Faktoren ab. Auch wurden beispielsweise extreme Wetterereignisse in der Analyse nicht berücksichtigt.
Mit einem globalen Blick, hat ein Forschungsteam unter dem Titel «Understanding climate change from a global analysis of city analogues» eine ähnliche Vergleichsstudie für Städte weltweit erstellt. Dabei wurden 520 Großstädte daraufhin untersucht, ob sich ihr Klima im Jahr 2050 eher dem eigenen historischen Klima, oder dem historischen Klima einer Großstadt in einer anderen bioklimatischen Region ähnelt. Das Ergebnis: Selbst bei einem optimistischen Klimaszenario werden sich drei Viertel der untersuchten Städte so stark verändern, dass ihr Klima eher dem einer anderen Klimazone ähnelt. So wird sich beispielsweise das Klima von Seattle bis 2050 dem historischen Klima von San Franciscos annähern und London wird sich klimatisch in Richtung Barcelona entwickeln. Die Studie zeigt auch, dass jede fünfte untersuchte Stadt bis 2050 ein Klima haben wird, das heute in keiner Stadt vorherrscht.
Die «klimatischen Zwillingsstädte» machen deutlich, dass sich das Bauen grundlegend ändern muss: Wir müssen nicht nur den Energie- und Ressourcenverbrauch minimieren, sondern auch unsere Strategien anpassen.
Für uns bedeutet das, dass wir in unseren Projekten mit Modellen das zukünftige Wetter in verschiedenen Szenarien darstellen. Daraus entwickeln wir ganzheitliche Konzepte, die unter den zu erwartenden klimatischen Bedingungen ein robustes, komfortables und ressourcenschonendes Umfeld schaffen. Dabei nehmen wir vor allem Extremfälle wie Hitzeextreme aber auch mögliche Synergieeffekte genauer unter die Lupe: Anpassungsstrategien wie Verschattung, Entsiegelung und Begrünung tragen zum Hochwasserschutz bei und mindern den Energiebedarf zum Kühlen.